Merkel Grenzöffnung juristisch hinterfragt

In Talkshows wird viel über das Thema Asyl orakelt. Im Bundestag hört man nichts zu dem Thema, hier würde das Thema eigentlich hingehören, aber so bildet sich jeder seine Meinung, ohne das die entsprechenden Gesetze überhaupt bekannt sind. Ich habe mir daher mal die Mühe gemacht die entscheidenden Regelung zusammenzutragen, denn ein Blick ins Gesetz beendet oft alle Spekulationen zur Rechtslage.

Unser Grundgesetz stellt zunächst klar:

Art 16a Grundgesetz:

1. Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
2. Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist

Ab ein Flüchtling überhaupt einen Asylantrag stellen kann, hängt also maßgeblich davon ab, ob er über einen sicheren Drittstaat eingereist ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er in diesem Drittstaat einen Antrag gestellt hat, sondern nur darauf, dass er einen solchen Antrag hätte stellen können.

Man kann daher also ganz einfach sagen: alle Flüchtlinge, die über die Balkan-Route nach Deutschland gekommen sind, hatten de facto die Möglichkeit in einem anderen Land der EU einen Asylantrag zu stellen. Er kann sich daher NICHT aus das deutsche Asylrecht berufen.

Lassen wir dies alles mal dahingestellt und fragen uns einfach mal: was bedeutet eigentlich Asylrecht, wem steht dies zu?

Weder das Aufenthaltsgesetz noch das Asylgesetz definieren dagegen den Begriff des Asyls. Sein Inhalt und seine Grenzen ergeben sich vor allem aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Politische Verfolgter ist demnach, wenn dem Einzelnen durch den Staat oder durch Maßnahmen Dritter, die dem Staat zuzurechnen sind, in Anknüpfung an seine Religion, politische Überzeugung oder an andere, für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen, ihn aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen und in eine ausweglose Lage bringen.

Übersetzen wir dies mal auf die Lage in Syrien. In Syrien herrscht ein schrecklicher Krieg, aber Krieg alleine ist für sich alleine genommen eben kein Asylgrund. Wir bemerken also, es gibt einen Unterschied zwischen Asylanten und Flüchtlingen.

Häufiger wird politisch Verfolgten Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) gewährt. Obwohl die GFK in Deutschland schon seit 24. Dezember 1953 Geltung hat, sah der Gesetzgeber es nicht als erforderlich an, Flüchtlingen einen entsprechenden Flüchtlingsstatus zuzuerkennen. Er verwies Flüchtlinge auf die Asylanerkennung. Erst mit der Qualifikationsrichtlinie der EU und dem hierzu ergangenen Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union änderte sich dies.

Flüchtlingen wird heute die Flüchtlingseigenschaft förmlich zuerkannt (§ 3 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 AsylG), ggf. zusätzlich zur Asylberechtigung. Die Flüchtlingseigenschaft steht dem Status Asylberechtigter nach Art. 16a GG in den aufenthaltsrechtlichen Folgewirkungen inzwischen gleich. Soweit so gut, bleibt die Frage was ist eine Flüchtlingseigenschaft?

Flüchtlingseigenschaft ist ein rechtlicher Status, der einem Asylbewerber in Deutschland förmlich zuerkannt wird, wenn er die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) erfüllt (§ 3 Abs. 4 AsylG). In der Bundesrepublik Deutschland wird das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in einem Asylverfahren, ggf. zusätzlich zur Asylberechtigung nach Art. 16a GG, festgestellt.

Wir bemerken schon, wir drehen uns nun im Kreis. Auch eine Flüchtlingseigenschaft kommt nicht in Betracht, wenn einfach nur Krieg in dem Land ist, aus dem der Flüchtling kommt. Nun kommen wir zu dem Punkt: gibt es denn trotzdem eine Möglichkeit bei uns zu bleiben, auch wenn eine Asylanerkennung im Grunde nicht vorliegt. Und jetzt kommen wir zu dem sog. „subsidiärer Schutz“.

Subsidiär Schutzberechtigte sind in Europa Ausländer, denen – bei fehlender Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (Konventionsflüchtling) – nach Artikel 15 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) ein ernsthafter Schaden drohen würde, wenn sie in ihr Herkunftsland abgeschoben werden würden. Als ernsthafter Schaden im Sinne dieses Artikels gilt:

– die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe
– Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland
– eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Für die Menschen aus Syrien bedeutet dies für mich, dass hier allenfalls ein „subsidiärer Schutz“ nach der Nr.3 in Betracht kommt, eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in Syrien.

Wir gehen nun also mal davon aus, dass dem so ist. Dies bedeutet, dass ein Syrer der zu uns kommt sich auf den „subsidiärer Schutz“ nach der Genfer Flüchtlingskonvention berufen kann. Was bedeutet dies?

Subsidiär Schutzberechtigte erhalten durch diese Änderung eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative AufenthG, die zunächst für ein Jahr zu erteilen und danach für zwei Jahre zu verlängern ist. Bei Ausländern, die bereits eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG besitzen, weil bei ihnen europarechtliche Abschiebungsverbote nach altem Recht festgestellt wurden, sind kraft Gesetzes subsidiär Schutzberechtigte neuen Rechts.

Sofern keine Ausschlussgründe vorliegen, erhält dieser Personenkreis nachträglich eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 AufenthG. Es besteht Anspruch auf Sozialleistungen und auf den Zugang zu Bildung für minderjährige subsidiär Schutzberechtigte. Personen, bei denen nationale Abschiebungsverbote festgestellt werden, erhalten weiterhin im Regelfall eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG, sonst eine Duldung.

An die auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen gestützten Aufenthaltserlaubnisse sind bedeutende rechtliche Konsequenzen für Sozialleistungen, Aufenthaltsverfestigung und spätere Einbürgerung geknüpft. So ist z. B. ein Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG nach dreijährigem rechtmäßigen Aufenthalt für Besitzer einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative AufenthG ausgeschlossen. Ausländer, denen subsidiärer Schutz gewährt wurde, können die Niederlassungserlaubnis allerdings über § 26 Abs. 4 AufenthG erhalten.

Durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung kann diese Niederlassungserlaubnis nach nunmehr fünf anstelle von bisher sieben Jahren Aufenthaltszeit erworben werden, sofern die restlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erfüllt werden.

Also, wir haben festgestellt: ein Jahr, dann Verlängerung und wenn dies über fünf Jahre geht, dann gibt es die Möglichkeit einer sog. Niederlassungserlaubnis, sprich eines dauerhaften Bleiberechts in der Bundesrepublik Deutschland. Aber was steht drin im § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Einfach mal nachschlagen:

Die grundsätzlichen Voraussetzungen zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sind gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 AufenthG:

1.der fünfjährige Besitz einer Aufenthaltserlaubnis
2.die Sicherung des Lebensunterhalts
3.der Nachweis von mindestens 60 Monaten Pflichtbeiträgen (oder freiwillige Beiträge) zur gesetzlichen Rentenversicherung
4.die grundsätzliche Straffreiheit
5.die Erlaubnis zur Beschäftigung als Arbeitnehmer
6.der Besitz der ggf. notwendigen Erlaubnisse zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit
7.ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache
8.Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland
9.ausreichender Wohnraum.

Und wenn wir uns diese Voraussetzungen anschauen, dann wissen wir auch, warum unsere Bundesregierung so darauf drängt, dass nun sofort Maßnahmen der Integration stattfinden sollen, u.a. Sprachkurse, es sollen Wohnungen gebraut werden und „Asylanten“ sollen möglichst billig arbeiten, damit sie schnell einen Job bekommen, bei dem dann auch eine Versicherung raus springt, denn all dies sind die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht in der BRD.

Das Bleiberecht wird dann wohl in den nächsten Jahren die politische Diskussion bestimmen. Wenn aber unsere Bundeskanzlerin sagt: die Asylanten werden dann auch wieder nach Hause gehen müssen, dann widerspricht sie sich im Grunde selbst, dann sie jetzt mit den Integrationsmaßnahmen alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, dass diese Menschen eben dauerhaft bei uns bleiben können. Dies kann man gesellschaftspolitisch gut finden, oder auch nicht, es ist aber die Lage nach dem Gesetz.

Kommen wir zum Schluss noch zu einem anderen Mythos: es gibt keine Obergrenzen, bzw. es kann keine Obergrenzen geben. Wirklich nicht? Im Gesetz finden wir auch nichts zu dem Thema Obergrenze. Nach dem Gesetzestext gibt es eine Obergrenze also zweifelsfrei nicht. Aber:

1. es steht nicht immer alles im Gesetz. Das Gesetz wird ausgelegt, u.a. durch das Verfassungsgericht. Wir erinnern uns, dass das der Begriff des Asyls auch nicht im Gesetz festgeschrieben ist (vgl.oben). Nun stellt sich also die Frage: wie kann man unsere Grundgesetz auslegen? Die Auslegung von Gesetzen untersteht immer bestimmten Methoden. Eine der wichtigsten Methoden der Auslegung ist u.a. nach dem Sinn des Gesetzes zu fragen und dem Zustandekommen des Gesetzes, kurz gesagt: Was wollte der Gesetzgeber damit eigentlich erreichen. Wo unser Asylgesetz herkommt weiß vermutlich jeder! Da viele Deutsche vor den Nazis von anderen Ländern aufgekommen wurden, wollte man die Möglichkeit schaffen, dass nun auch politisch Verfolgte bei uns Zuflucht suchen können. Dabei ist das Asylrecht ein individuelles Recht, dies bedeutet dass im Einzelfall geprüft wird, ob derjenige politisch verfolgt wird. Ich denke, dass es klar ist, dass mit der Einführung des Asylrechts nicht daran gedacht wurde, dass sich Millionen auf dieses Gesetz berufen, denn dafür war es damals sicherlich nicht gemacht worden.

2. Grundgesetze kann man ändern. Das Asylrecht wurde ja erst vor ein paar Jahren geändert, warum sollte man es dann nicht wieder ändern können und eine Obergrenze einfügen? Dafür müsste man nicht mal das Grundgesetz ändern, sondern allenfalls das Asylgesetz. Es ist ein Mythos, dass das Grundgesetz nicht änderbar ist. Es gibt in der Tat Grundrechte die unveränderlich sind. Das Asylrecht gehört aber grade nicht zu diesen Grundrechten. Es ist alleine die Frage des politischen Willens, ob man eine Obergrenze einführen möchte.

Ich hoffe, ich konnte mit dieser Übersicht etwas Licht ins Dunkle bringen. Mir ging es darum die gesetzlichen Lage und die gesetzlichen Regelungen mal etwas genauer zu beleuchten, als dies in politischen Runden wie bei Anne Will und anderen getan wird.

Published On: 23-Aug-2016Views: 73741620 words

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